Andrew Bovell

Lantana

Premiere 27. Jänner 2008

Burgtheater im Kasino

Weitere Informationen:
Lantana am Burgtheater

Kritiken:

„Jenen Moment der Liebe, an dem das Herzklopfen zum Stechen in der Brust wird. Ihn will der australische Dramatiker Andrew Bovell im Stück „Lantana" zeigen. Wieder und wieder. Zwei Paare proben über Kreuz den Seitensprung. Was einmal ge-, einmal misslingt. Es folgen Drama, Trennung - Versöhnung vielleicht? Ein Mann sieht nach Jahren eine verloren geglaubte Liebe wieder und beginnt sie zu verfolgen. Ein anderer nimmt eine Anhalterin mit. Die Frau verschwindet. Zwischen ihnen sei alles Leidenschaft gewesen, sagt ihr Ehemann später: „Leidenschaftliche Liebe und leidenschaftlicher Hass." Die Geschichten, erfährt man zwischendurch wie zufällig, hängen alle zusammen...
Carolin Pienkos hat Bovells Tragikomödienthriller im Kasino am Schwarzenbergplatz inszeniert, stellt ihre von vier Darstellern gespielten Paare - zwei davon sind stets gleichzeitig auf der Bühne - in ein Arena-Rund. Wo sie selber fürs Rangieren von Sitzgarnituren oder Hotelbetten (Ausstattung: Gitti Scherer) zuständig sind. Stefanie Dvorak, Sabine Haupt, Andreas Patton und Cornelius Obonya treiben das Doppelspiel. Teils als Chor, teils im Kanon teilen sie sich Wortfetzen und Satzfragmente in den sich gleichenden und doch nie gleichen Situationen. Loungemusik rieselt aus Lautsprechern; nur gelegentlich reißt ein Störgeräusch (eine zugeschlagene Tür?) die Schauspieler aus den Dialogen.
Im großartig agierenden Quartett löst Andreas Patton die Aufgabe, mehrere - in seinem Fall drei - Charaktere darzustellen, am besten. Am Schluss bleiben ein bis zwei Tote, zwei bis drei Mordverdächtige und die Möglichkeit, dass alles ein Unfall war. Aber eigentlich ist das nicht wichtig. Sehenswert!“ (Kurier, 29.1.2008)

„Es beginnt ganz „normal“: Links auf der Bühne ein Doppelbett, rechts ebenfalls, beide Male offenbar ein billiges Hotel. Ehemann links betrügt seine Frau – im Bett rechts – mit der Frau des Mannes, der eben mit der Gattin von Ehemann links seitenspringen will. Partnertausch sozusagen, nur dass die beiden Paare einander nicht kennen. Zufall sozusagen. Und der wirklich spannende Einfall besteht darin, dass die Dialoge auf beiden Seiten fast gleichlautend verlaufen, nur in Tonfall und Pausen unterschieden – und ein wenig unterschiedlich in der Gewichtung, wenn es um die Aufdeckung von Stärke und Schwäche geht. Wenn die Paare sich dann zuhause auseinandersetzen, die Männer sich später zufällig hinter einem Tresen, die Frauen zufällig in einer Bar treffen, dann jongliert Bovell sehr geschickt mit Gefühlen, vor allem aber mit tiefen Unsicherheiten, Ratlosigkeit, Traurigkeit, Verzweiflung – kurz, der ganz normale Beziehungsstress. […]
Außer [bei den] vier Rollen, und da hat das Burgtheater stark besetzt, wobei vor allem Andreas Patton in gleich drei Männerrollen am besten realisiert, was der Autor gemeint hat: Hinter der mühsam aufrecht erhaltenen Fassade steht da die gänzliche Ratlosigkeit darüber, mit sich selbst und den Frauen umzugehen – und die tief sitzende, hilflose Verzweiflung darüber. Cornelius Obonya als der andere Mann hält die Fassade besser im Schuss, lässt aber auch seine Unsicherheiten aufblitzen. Sabine Haupt ist die nur scheinbar Starke, ob als Karrierefrau, ob als Psychiaterin, aber das Selbstbewusstsein knirscht, während Stefanie Dvorak mit ihren zwei Rollen die Verwandlung von der unbedeutenden Durchschnittsfrau zu nicht unbeträchtlicher Härte darstellen darf.
Carolin Pienkos hat das im Kasino des Burgtheaters in der mobilen Ausstattung von Gitti Scherer (Möbel rein, Möbel raus) inszeniert, der Anfang ein Virtuosenstück der Synchronität, dazwischen ein paar Durchhänger, bis sich das Geschehen am Ende zum Psychokrimi verdichtet.“ (Der neue Merker, 29.1.2008)

„Beginnen wir am Anfang, nicht nur der Ordnung halber, sondern auch, weil er originell ist. Zwei verheiratete Paare vollziehen über Kreuz ihren ersten Seitensprung. Witz erhält dieser vielfach abgehandelte Stoff durch den simultanen Ablauf beider Anbahnungen und durch nahezu deckungsgleiche Dialoge der beiden Paare. Die dramaturgische Raffinesse dieser parallelen Hotel-Bettszenen kommen zufällig ins Gespräch und dahinter, dass sie wechselseitig Betrügende und Betrogene sind. Die verzahnte Bauweise hebt die Komödie zunächst über das Mittelmaß abgedroschener Beziehungsmüll-Entsorgung hinaus, entpuppt sich aber bald als undramatisches Konstrukt. […]
Das solide Schauspieler-Quartett (Sabine Haupt, Stefanie Dvorak, Cornelius Obonya, Andreas Patton), das neun Figuren spielt, versucht redlich, der hölzernen Konstruktion Leben einzuhauchen.
Der verlässliche Cornelius Obonya in der Doppelrolle als Polizist und als seiner Liebe Nachtrauernder und vor allem die hinreißende Sabine Haupt als gelangweilte, zum Absprung bereite Power-Ehefrau und betrogene Psychotherapeutin, lohnen den Abend.“
(Wiener Zeitung, 29.1.2008)